Kolumne „Hundebisserfahrung“

Ein Gastkommentar von Jörg Sommer.

Vorwort

Ich schreibe diese Kolumne über Hundebisse in Hundetagesstätten, weil ich selbst betroffen bin. Ich habe den Vorfall direkt erlebt.

An solchen Tagen befindet man sich als Hundehalter in einem Ausnahmezustand. Notoperation des Hundes. Die zwei anderen Hunde managen. Termine fallen aus. Auf die nächsten 10 Tage Termine verlegen. Man beaufsichtigt den Hund rund um die Uhr. Organisiert Tierarztbesuche. Übernimmt vorläufig die Kosten. Muss sich der gegnerischen Versicherung erklären. Als Geschädigter musst du zusätzlich Zeit aufwenden, um die Parteien in Bewegung zu halten.

Mit meinen Beiträgen will ich Hundehalter sowie Hundetrainer sensibilisieren und gleichzeitig präventiv wirken. Ich möchte zeigen, dass Huta-Inhaber und Mitarbeitende ihre Verantwortung ernst nehmen müssen und sich fragen sollten, ob sie die nötige Fachkenntnis und Erfahrung haben, um Hunde sicher zu betreuen. Jeder Vorfall zeigt: Unbedachte Entscheidungen oder fehlende Kontrolle können schnell zu ernsthaften Problemen führen.

Für den Hund selbst kann ein solcher Vorfall großen Schaden anrichten: physischer Schmerz, Angst, Unsicherheit, Stress und langfristige Verhaltensänderungen, die den Alltag belasten.

Es geht mir nicht um Kritik um der Kritik willen. Ich schreibe bewusst, ohne Namen zu nennen, weder von der Liegenschaft noch von einzelnen Mitarbeitenden. Ich möchte, dass Hundehalter, Hundetrainer und Mitarbeitende verstehen: Verantwortung sichtbar zu machen und präventiv zu handeln, kann andere Hunde schützen, bevor der nächste Vorfall passiert.

#Kolumne #beißvorfall #Hundebisserfahrung #fragdensommer #hundetrainer #hundetraining #huta #hundetagesstätte

#1 Einleitung zur Kolumne: Verarbeitung eines Beißvorfalls.

29.09.2025

Manchmal geschehen Dinge, die einen tief treffen, selbst wenn man genau weiß, was zu tun ist. So erging es mir, als mein Hund Ares in der Hundetagesstätte letzten Mittwoch durch einen Beißvorfall schwer am Ohr verletzt wurde. Meine Hände voller seines Blutes sind Bilder im Kopf, die ich nicht vergessen werde.

In dieser Kolumne werde ich jeden Mittwoch den Vorfall aus meiner Perspektive als Hundehalter hier als Gastkommentator bei TALK ABOUT DOGS publizieren.

Die Ereignisse von der Absprache über die Wiedereingliederung in die Hundetagesstätte, die Abholung und das Miterleben des Beißvorfalls, das daraus folgende traumatisierte Verhalten von Ares, was dies als Hundehalter mit einem macht, bis hin zu den Konsequenzen für die Verantwortlichen.

Ein solcher Vorfall verändert die Sicht auf die eigene Rolle als Hundehalter. Man spürt Verantwortung, Sorge und den Drang, das Richtige zu tun, und gleichzeitig die emotionale Wirkung dessen, was passiert ist. Ich möchte zeigen, wie sich diese Erfahrungen anfühlen und welche Gedanken sowie Entscheidungen damit verbunden sind.

Darüber hinaus kann die Kolumne anderen Hundehaltern Orientierung geben: Ich möchte über mögliche Risiken aufklären, zeigen, wie man sachlich reagiert, und Wege aufzeigen, wie man sich auf ähnliche Situationen vorbereiten kann. Der erste Beitrag erscheint kommenden Mittwoch, danach folgt jede Woche ein weiterer Kurzteil.

Die Kolumne verzichtet bewusst auf die Nennung von Namen der Einrichtung oder einzelner Mitarbeiter. Im Mittelpunkt stehen der Vorfall, die Folgen für Ares und meine persönlichen Erfahrungen als Hundehalter.

Kolumne

Eine Kolumne ist für mich eine journalistische Darstellungsform, die mir viel kreativen Freiraum lässt. Genau das macht sie spannend, aber auch herausfordernd. Denn die Leser erwarten von mir, dass ich meine Meinung in wenigen Zeilen außergewöhnlich, mitreißend oder unterhaltsam darstelle. Anders als beim Kommentar darf ich in der Kolumne frei und ungefiltert schreiben, was ich denke. Sie erscheint regelmäßig an derselben Stelle in einer Zeitung oder einem Online-Magazin und bietet mir die Möglichkeit, meine Haltung pointiert und persönlich zum Ausdruck zu bringen.

Ares nach OP durch einen Hundebiss am linken Ohr
Foto: Ares nach OP durch einen Hundebiss am linken Ohr

#2 Eingliederung in die Hundetagesstätte

01.10.2025

Während der Läufigkeit unserer Rhodesian-Ridgeback-Hündin Xenia und bis zum Auszug der Welpen aus dem XAMINA-B-Wurf B’Loved 2025 hatten sowohl sie als auch Ares eine Pause von der Hundetagesstätte. Nachdem nun alle Welpen in liebevolle Hände gezogen sind, stand die behutsame Rückkehr in den Alltag an und damit auch die Wiedereingliederung in die Huta.

In der 38. Kalenderwoche führte ich dazu ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin. Wir vereinbarten, dass Xenia und Ares an einem Mittwoch früh gebracht und bereits mittags wieder abgeholt würden. Für den ersten Tag erschien es uns wichtig, die beiden nicht gleich dem ganzen Tagesablauf auszusetzen.

Besonders angesprochen wurde das Thema Maulkorb für Ares. In der Vergangenheit hatte eine ehemalige Mitarbeiterin ihn fälschlicherweise als maulkorbpflichtig eingestuft. Eine Bewertung oder Einschätzung, die weder fachlich gesichert noch nachvollziehbar war. Nach Rücksprache kamen wir nun einvernehmlich überein: Ares benötigt keinen Maulkorb.

Im nächsten Beitrag: Ana bringt Xenia und Ares in die Huta und ich hole sie um die Mittagszeit wieder ab.

Xenia und Ares
Foto: Ares (vorne) und Xenia (hinten)

#3 Wir bringen Xenia sowie Ares in die Huta und holen ab

08.10.2025

Für Xenia und Ares beginnt an diesem Morgen wieder der Wiedereinstieg in die Huta. Nach den vergangenen Wochen wollten wir es ruhig angehen lassen, kein ganzer Tag, nur ein halber. Vier Stunden Auslauf, ein bisschen Sozialkontakt, ein bisschen Toben. Für den Anfang vollkommen ausreichend, dachten wir.

Also packt Ana beide in den Tiguan, fährt zur Huta und übergibt Xenia und Ares einer Mitarbeiterin. Bezahlt wird der halbe Tagessatz, alles wie besprochen. Ich selbst werde später abholen, so gegen Mittag.

Kurz vor zwölf rolle ich mit meinem Jeep auf den Parkplatz der Huta. An der Tür klingele ich, bis Mitarbeiterin A erscheint. Sie begrüßt mich freundlich und sagt, sie hole mir Xenia aus dem rechten Auslauf. Ich kenne sie schon länger und schätze sie fachlich sehr.

Am Tor hängen die Leinen der Gasthunde ordentlich nebeneinander. „Diese hier ist doch Xenias, oder?“, fragt sie. Ja, genau.“

Während sie Xenia holen will, kommt Mitarbeiterin B hinzu. A bittet sie, Ares aus dem linken Auslauf zu bringen und nimmt beiläufig eine Gießkanne mit hinein.

Dann sehe ich Xenia. Sie erkennt mich sofort, springt freudig am Tor auf und ab, wedelt, fiept, pure Wiedersehensfreude. Für mich immer wieder ein sehr schöner Moment.

Doch die Stimmung kippt plötzlich. Gebell, Geheule, eine Unruhe aus der linken Ferne.

Durch die Zäune kann ich nicht sehen, was passiert. Nur ein Hund bewegt sich hektisch am Torbereich. In mir macht sich sofort ein ungutes Gefühl breit, irgendetwas stimmt hier nicht. Es ist laut, zu laut.

Instinktiv bringe ich Xenia sofort in den Jeep. Normalerweise hole ich beide gemeinsam ab, aber diesmal ist alles anders.

Zurück am Tor sehe ich, wie Mitarbeiterin B Ares zu Mitarbeiterin A bringt. Ares trägt zu meiner Verwunderung einen Maulkorb. „Er wurde gebissen“, sagt sie knapp.

Während Mitarbeiterin A Ares in die Hütte bringt, sehe ich, wie Mitarbeiterin B einen Maulkorb mit in den linken Auslauf nimmt, wo sie Ares kurz zuvor herausgeholt hat.

Ich bleibe draußen, versuche zu verstehen, was passiert ist. Dann klingelt mein Handy, Mitarbeiterin A bittet mich, hereinzukommen.

In der Hütte steht Ares zitternd und ich sehe sofort, dass etwas nicht stimmt. Gemeinsam stellen wir eine schwere Verletzung an seinem linken Ohr fest.

Im Rahmen meiner Kolumne wird es auch einen Beitrag geben „# Wie sicher sind Hundetagesstätten? Ein Check für Hundebesitzer“

#4 Nur ein kleiner Kratzer

15.10.2025

Ich versuche, Ares zu beruhigen, soweit das in einer solchen Situation überhaupt möglich ist.

Aus seinem Ohr fließt das Blut, viel zu viel Blut, und wir versuchen, so gut es geht, einen provisorischen Verband anzulegen. Ein selbsthaftender Hygostar-Schnellverband um das linke Ohr, schließlich um den ganzen Kopf.

Ich frage, was passiert ist. „Bei der Herausgabe an der Tür“, sagt Mitarbeiterin A knapp. Dann folgt der Satz, der hängen bleibt: „Solche Situationen entstehen, wenn nicht befähigte Mitarbeiter solche Arbeiten ausführen.“ Damit meint sie Mitarbeiterin B.

Ich bringe Ares zum Jeep. Xenia und Isadora sind unruhig, sie spüren die Anspannung. Als ich vom Parkplatz der HUTA fahre, steht der Inhaber nur wenige Meter rechts entfernt. Er trainiert gerade mit zwei Kunden, sieht mich, winkt und lächelt. Ich kann in diesem Moment nicht begreifen, was daran lächelnswert sein soll.

Noch während der Fahrt rufe ich die Tierärzte am Nordpark an. Erst da merke ich, dass meine Hände voller Blut sind. Trockenes Blut hat einen ganz eigenen, metallischen Geruch, er brennt sich ein.

Ich informiere meine Frau, sage alle heutigen Termine ab und fahre direkt in die Praxis.

Ares steht auf dem Behandlungstisch, wir entfernen den Verband. „Den können wir direkt müde machen“, sagt Tierärztin Ana Posival ruhig. Ich halte Ares’ Kopf in meinen Armen, sehe in seine hilfesuchenden Augen, während die Narkose wirkt. Dann beginnt die Operation, das linke Ohr, drei Viertel aufgerissen, der Knorpel durchtrennt.

Am späten Nachmittag kann ich ihn wieder abholen. Noch wackelig auf den Beinen. Mit Medikamenten und vorsorglichem Verbandsmaterial sowie klaren Anweisungen: Kein Kratzen, kein Schütteln, kein Spielen. Völlige Ruhe für vorerst mindestens zehn Tage.

Am Abend sitze ich mit meiner Ehefrau im Wohnzimmer und wir versuchen zu verstehen, was passiert ist. Dann folgt ein interessantes Telefonat mit dem Inhaber der HUTA und meiner Ehefrau. Seine Worte unter anderem: Wir sollen uns nicht so anstellen. Es ist doch nur ein kleiner Kratzer.

!!! Ein großes Dankeschön an die Praxis Tierärzte am Nordpark für die schnelle Aufnahme, die Vorbereitung auf unser Eintreffen und vor allem an Tierärztin Ana Posival für die herausragende Arbeit am OP-Tisch. !!!

Nachwort:
Dieser Tag hat Spuren hinterlassen, bei Ares, bei uns und in unserem Vertrauen. Solche Vorfälle zeigen, wie wichtig Verantwortung und fachliche Kompetenz im Umgang mit Hunden sind. Und sie erinnern daran, dass hinter jedem „nur ein kleiner Kratzer“ ein echtes Lebewesen steht.

Im nächsten Teil am 22.10.2025:
Wie die Tage nach der Operation verliefen, welche Reaktionen folgten und warum Stille manchmal mehr aussagt als jede Entschuldigung.

#5 Ich habe fertig

22.10.2025

Der kommende Beitrag wird den Abschluss meiner Kolumne bilden. Ziel dieser Reihe war und ist es, Bewusstsein zu schaffen: für die Verantwortung, die ich als Halter und Inhaber einer HUTA trage, sowie für die Sensibilität, die jeder Hund verdient.

Ich möchte mit diesen Erfahrungen zum Nachdenken anregen und einen Beitrag zur Prävention leisten. Zum Schutz aller Beteiligten und um den Fokus auf das Wesentliche zu lenken. Nämlich das Lernen aus Erfahrungen.

Ich werde die Kolumne zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Social-Media-Bereich entfernen. Nicht, weil sie vergessen werden soll, sondern weil das Wesentliche hoffentlich dann verstanden wurde.